Martin Buschmann

In der Ev. Kirchengemeinde Hadamar gibt es einige interessante Musikinstrumente, die in Konzerten und Gottesdiensten regelmäßig zum Einsatz kommen und so das musikalische Gemeindeleben ganz wesentlich prägen. Für die große Orgel der Schlosskirche in Hadamar gilt das schon von Anbeginn und seit Jahrhundernten. Neben den drei Orgeln und dem Cembalo, stehen der Ev. Kirchengemeinde noch ein Klavier der Marke "Schimmel" im Schlosskirchensaal, ein Klavier der Marke "Yamaha" im Ev. Gemeindezentrum Frickhofen, zwei tragbare Keyboards und ein Stage-Piano zur Verfügung.

Die Orgel der Evangelischen Schlosskirche Hadamar und ihre Vorgängerinstrumente

Leider sind die historischen Quellen für die Orgel in der Schlosskirche oft widersprüchlich und lückenhaft.  

Die erste Orgel:

Tatsache ist, dass die Schlosskirche in Hadamar von Fürst Johann Ludwig von Anfang an mit einer Orgel geplant wurde, was in dieser Zeit keineswegs für alle Kirchen selbstverständlich war und das darauf hindeutet, dass der Fürst seine Schloss- oder Hofkirche entsprechend standesgemäß und prächtig einrichten wollte.

So schloss Fürst Johann Ludwig bereits im Dezember 1629 (1629 wurde die Schlosskirche noch gebaut) einen Vertrag mit dem Orgel- und Instrumentenmacher Johann Jacob Keller aus Kiedrich im Rheingau ab. Der Orgelbauer Jakob Keller wollte für den Bau der Orgel 100 Reichsthaler erhalten. Wenn der Fürst ihm allerdings Kost und Materialien stellen würde, wäre er auch mit 50 Reichsthalern zufrieden. Das Angebot wurde angenommen und es wurde ihm am 18.12.1629 eine Abschlagzahlung genehmigt. Schon wenige Tage später, am 02.01.1630 erhielt der Orgelmeister Martin Weinle in Kiedrich für das neue Positiv 25 Reichsthaler (Weinle arbeitete offensichtlich mit Keller zusammen).  

Das Aussehen dieser ersten Orgel war wie folgt:

10 Schuh hoch, 4 Schuh breit, 2 Schuh tief (das Schuhmaß variiert zwischen 25 und 35 cm), das Orgelgehäuse wurde aus gutem Eichenholz gefertigt. Der Schreiner Lorenz Roth aus Hadamar baute dann an der Orgel noch einen Unterschlag und verkleidete die Blasebälge mit einem zwei-türigen Schrank. Das Orgelgehäuse wurde von dem Maler Wilhelm Bemer aus Limburg farbig gefasst. Das Pfeifenwerk aus Blei, welches mit Zinn versetzt wurde, hatte sechs Register. Die nötige Luft erzeugten drei Blasebälge.

Die Disposition der Johann Jacob Keller Orgel von 1630:

  1. Quintatön 8‘
  2. Copell 4‘
  3. Hohlflöte 4‘
  4. Octave 2‘
  5. Zimbel 1‘
  6. Krummhorn 8‘
  7. Tremulant und Zimbelstern

Da die Schlosskirche für den protestantischen Ritus geplant wurde, aber Fürst Johann Ludwig während der Bauphase zum katholischen Glauben konvertierte, mussten während der Bauphase einige Korrekturen an der Ausstattung der Kapelle veranlasst werden. Dies betraf aber offensichtlich nicht die Orgel. Es gibt keine Unterschiede zwischen katholischen und protestantischen Orgeln, ein architektonisches Merkmal, dass man in protestantischen Schlosskirchen gerne Altar, Kanzel und Orgel als eine Einheit baute, war in Hadamar ohnehin von Anfang an nicht geplant.

Die Orgel sollte schon immer ihren Standort auf der Empore erhalten, wahrscheinlich aber auf der ersten Empore (erst 1786 wurde die Orgel auf die oberste Ebene versetzt). Es kann gut sein, dass die 2. Empore ursprünglich für den Fürsten und dessen Familie reserviert war, schließlich führt der schnellste Weg von der Fürstenwohnung in die Schlosskirche über das große Treppenhaus eine halbe Treppe abwärts direkt durch die obere Seitentür, die aus Sicht des Treppenhauses eine besonders prächtige Illusionsmalerei besitzt und sich damit als Fürstentür zu erkennen gibt.  

Weitere Nachrichten über die Orgel:

Als die Jesuiten im 18. Jahrhundert, also post mortem, eine Vita über Fürst Johann Ludwig schrieben, lobten sie den Fürsten, dass er seine Hofkirche mit einer Orgel ausstatten ließ.  

Es bildet sich wieder eine protestantische Gemeinde in Hadamar

Ab 1747 wurden in Hadamar wieder reformierte Gottesdienste gefeiert, weil das Fürstentum an die reformierte Linie Nassau-Diez gefallen war. Zunächst traf man sich in einem Raum im Rathaus am Obermarkt. Am 21.08.1752 verfügte die verwitwete Prinzessin von Oranien-Nassau, Vormündin des Prinzen Wilhelm V, per Dekret die Einsetzung eines eigenen protestantischen Geistlichen für Hadamar.

Die zweite Orgel:

Seit dem 18. Juli 1773 benutzt die reformierte Gemeinde eine Orgel, die ihr vom Fürsten Wilhelm dem V. von Nassau-Oranien geschenkt worden war. Im Jahr 1779 meldet das Fürstliche Oberkonsistorium, dass die Orgel in Hadamar baufällig sei und man dem Orgelbauer Boos aus Niederndorf den Auftrag gegeben habe, die Orgel dauerhaft zu reparieren – was in drei Wochen geschah, und 18 Reichsthaler kostete.

1786 wird die Schlosskirchenorgel durch Orgelbauer Zimmermann aus Diez repariert, der das Werk gleichzeitig in den obersten Stock versetzte, also den Standort, an dem sie auch heute noch steht.

Am 27.3.1791 wurde, durch eine Schenkung des Staates, die Schlosskirche offiziell der evangelisch-reformierten Pfarrei übergeben.

Es ist gut möglich, dass das Orgelgehäuse der heutigen Orgel aus genau dieser Zeit stammt. Stilistisch würde es gut in das ausgehende 18. Jahrhundert passen.  

Im Jahre 1864 besitzt die Orgel in der Schlosskirche nach einer Beschreibung von Pfarrer Schellenberg 19 klingende Register. Der Prospekt stammt seinen Angaben zu Folge aus dem vorigen, also dem 18. Jahrhundert. Die Orgel besaß einen Pedalkoppelzug und das Prinzipalregister wurde von ihm als besonders gut klingend gewürdigt.  

Die dritte Orgel:

Orgelneubau durch Raßmann

1880 baute Gustav Raßmann aus Möttau ein neues Werk in das alte Gehäuse.  

Die Disposition der Raßmann-Orgel von 1880:

Manual:

  1. Prinzipal 8’ (neu)
  2. Gedeckt 8’
  3. Salicional 8’
  4. Gedeckt 4’
  5. Prinzipal 4’ (Prospekt)
  6. Doublette 3+2
  7. Geigenprinzipal 8’

Pedal:

  1. Subbass 16’
  2. Offenbass 8’

Die Raßmann Orgel nutzte zwar auch das historische Gehäuse, alte Fotografien zeigen aber, dass sie sowohl rechts, als auch links, über den Prospekt hinaus ging. Um diesen Umstand zu verbergen, wurden die Felder oberhalb der Brüstung mit Brettern verdeckt.

1969 galt die Orgel als klanglich wenig ansprechend und defekt. Unter anderem waren die Windladen gerissen, was bei einer Orgel im Grunde als Totalschaden gilt. Der Prinzipal 4‘, das Prospektregister der heutigen Orgel stammt aber noch von Raßmann, da Günter Hardt ihn für den Orgelneubau 1971 übernommen hat. Die übrigen Register wurden an die evangelische Kirchengemeinde Wallmerod verschenkt, wo sie auch heute noch in der Orgel stehen und ihren Dienst verrichten. Sie wurden allerdings stark überarbeitet und erinnern kaum noch an einen typischen Orgelklang einer Raßmann Orgel von 1880.

Die vierte Orgel:

Der damalige Orgelsachverständige der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Hans Brendel, befürwortete einen Orgelneubau und hatte die Idee, dass dieser Orgelneubau große Rücksicht auf den noch erhaltenen historischen Prospekt aus dem 18. Jahrhundert nehmen sollte. Zwei Manuale sollte die Orgel erhalten, deren Pfeifenwerk sollte sich wieder komplett hinter dem recht kleinen barocken Prospekt einfügen. Das Pedalwerk, das durch die großen Pfeifen besonders viel Platz beansprucht, sollte samt Motor und Balg hinter einem Holzverschlag in der hintersten Ecke der Empore versteckt werden, so dass von unten nur das historische Gehäuse sichtbar ist.

Dieses Bauvorhaben setzte dann Orgelbaumeister Günter Hardt, aus Möttau, dessen Werkstatt in der Nachfolge von Gustav Raßmann steht, um.

Am 25. April 1971 wurde das Instrument seiner neuen Bestimmung offiziell übergeben. Universitätsdirektor Dr. Martin Weyer, Kantor an der Elisabeth-Kirche zu Marburg, spielte zur Einweihung ein festliches Konzert.  

Orgel Frickhofen

Die Woehl-Orgel im Evangelischen Gemeindezentrum in Frickhofen und ihr Vorgängerinstrument, die Bosch-Orgel 

Die Woehl-Orgel im Evangelischen Gemeindezentrum in Frickhofen ist wesentlich älter als das Gemeindezentrum selber. Während die Orgel bereits 1977 gebaut wurde, wurde das Gebäude des Gemeindezentrums erst 2005 eingeweiht, also 28 Jahre später.  

Wie kann das sein? 

Das hängt damit zusammen, dass das Musikinstrument ursprünglich einen ganz anderen Standort hatte. Sie wurde im Jahre 1977 von der Marburger Orgelbaufirma Woehl für das Evangelische Gemeindezentrum Süd der Dreikönigsgemeinde Frankfurt in der Tucholskystraße gebaut.  

Sie stellt ein frühes Instrument der bis heute hochgeschätzten Firma Woehl dar, die heute zwar Orgeln von gänzlich anderem Typus baut, aber damals schon mit diesem Instrument richtungsweisende Wege beschritt. Denn mit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts endete eine doch eher trostlose Epoche des Nachkriegsorgelbaus, in der lange Zeit Masse vor Qualität zählte, die heute gerne als Neobarocke Phase beschrieben wird, weil man sich an einem vermeintlich barocken Klangbild orientieren wollte, das es so nie gegeben hat.  

Gerald Woehl 

Gerald Woehl konzipierte die rein mechanische Orgel zwar auch sehr barock, die Materialen sind aber durchweg hochwertig: massives Eichenholz für Windladen und Gehäuse. Hochwertige Zinnlegierungen wurden so dünn verarbeitet, dass es bei einigen Pfeifen über die Jahre Probleme mit der Standfestigkeit gab. Man wollte damit aber einen strahlenden Klang erzeugen. Die Manualtasten sind aus Buchsbaum-, die Obertasten und Registerzüge aus Ebenholz. Der Intonation wurde sehr große Aufmerksamkeit geschenkt. Ursprünglich besaß die Orgel einen Prospekt der sich ganz an den Fußzahlen der Orgelpfeifen orientierte. So besaß das obere Gehäuseteil exakt eine Höhe von 8‘. Die Breite des Gehäuses hatte wiederum das bekannte 2 2/3‘ Maß. An den historischen Orgelbau angelehnt besaß die Orgel ursprünglich Flügeltüren, die auch verschlossen werden konnten. Der Winddruck war mit 60 mm WS eher niedrig, was dazu führt, dass die Orgel klanglich im Gegensatz zu den zahlreichen „Neobarocken Orgeln“ der 50er bis 70er Jahre wieder atmet. Ca. 850 Pfeifen wurden in dem Orgelgehäuse angeordnet, die sich auf 12 Register verteilen: 7 Register im ersten, 3 im zweiten Manual und 2 Register im Pedal.

Als seinerzeit die Orgel in Frankfurt in Betrieb genommen wurde, wurde sie von der Fachwelt wohlwollend wahrgenommen, Kosten: 83.500 DM.  

Die Woehl-Orgel kommt nach Frickhofen
 

Das Gemeindezentrum der Dreikönigsgemeinde in Frankfurt bekam 2013 einen neuen Verwendungszweck, weswegen die Orgel dort nicht mehr benötigt wurde. Schon seit einigen Jahren wurden in dem Gebäude nur noch selten Gottesdienste abgehalten und dementsprechend hatte die Orgel auch selten die Gelegenheit, ihren prächtigen Klang zu entfalten. Für eine Orgel kein guter Zustand, denn im Grunde ist eine Orgel wie eine große Maschine: wird sie zu wenig bewegt, dann funktioniert sie irgendwann auch nicht mehr einwandfrei. Wir alle kennen den Spruch "wer rastet, der rostet", der sich auch auf Orgeln übertragen lässt.

Für die Hadamarer Kirchengemeinde ergab sich so aber die einmalige Chance für einen relativ niedrigen Preis an eine hervorragende Orgel zu kommen, die man sich als Neubau nicht hätte leisten können. Allerdings mussten damals unglaublich viele Entscheidungen in sehr kurzer Zeit getroffen werden, denn der Umbau des Frankfurter Gemeindezentrums war schon terminiert, als man in der Ev. Kirchengmeiende Hadamar noch gar nichts von der Existenz der Woehl-Orgel wusste. Gut, dass man über die Jahre schon Geld angespart hatte.

Für Kauf, Abbau, Transport und Aufbau, notwendige Reparaturen und Umarbeitungen des Gehäuses zusammengenommen musste die Ev. Kirchengemeinde Hadamar 50.000€ aufwenden. Diese Maßnahmen wurden übrigens von der in Lich ansässigen Orgelbaufirma Förster & Nicolaus durchgeführt. Vom 04. - 07. Juni 2013 wurde die Orgel in Frankfurt abgebaut. Da Förster & Nicolaus erst ab Oktober Zeit zum Aufbau in Frickhofen hatte, musste die Orgel im Gemeindezentrum zwischengelagert werden. Im Konfirmandenraum, auf der Empore, auch im Foyer stapelten sich damals die Pfeifen und Orgelbauteile. Die Sorge, dass etwas verloren gehen könnte, war groß.

Sie sieht jetzt ein wenig anders aus

Leider war in dem Evangelischen Gemeindezentrum in Frickhofen ein Aufstellen der Orgel nur durch Anpassungen des Äußeren möglich. Die Höhe der Empore war um ca. 30 cm zu niedrig. So musste auf die Flügeltüren verzichtet werden und auch das Gehäuse wurde verkürzt und schräg an die Giebel des Raumes angeglichen. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen. Man kann wohl ohne Übertreibung behaupten, dass, wer es nicht besser weiß, niemals auf die Idee kommen würde, dass die Orgel nicht genau für diesen Raum gebaut wurde, bzw. dass die Orgel jemals anders ausgesehen hat. Betreut und für gut geheißen wurde das gesamte Projekt übrigens von dem Orgelsachverständigen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Thomas Wilhelm.

Am 1. Advent, dem 01.12.2013, wurde die Orgel in einem Festgottesdienst mit anschließendem Empfang feierlich und offiziell in Betrieb genommen und bereichert seitdem in Gottesdiensten und Konzerten das Gemeindeleben im Ev. Gemeindezentrum Frickhofen.

Die Dispostion:

I. Manual, C – g´´´

1. Prinzipal 8´
2. Cornett 4 fach
3. Praestant 4´
4. Bourdon 8´ Deckel
5. Oktave 2´
6. Nasat 2 2/3´
7. Mixtur 3 fach

II. Manual, C – g´´´

8. Gedeckt 8´
9. Flöte 4´
10. Flageolet 2´
Tremulant

Pedal, C – f´
11. Subass 16´
12. Trompete 8´

Koppeln:
II / Ped., I / Ped.

Die Woehl-Orgel ist nicht die erste Orgel im Ev. Gemeindezentrum in Frickhofen:

Es gab ein Übergangsinstrument. Während im Jahre 2005 das neue Gemeindezentrum in Frickhofen noch gebaut wurde und kurz vor der Vollendung stand, war lange nicht klar, wo denn nun eine Orgel herkommen sollte, da doch ohnehin schon so viel Geld verbaut worden war. Man hatte sich quasi schon mit dem Gedanken abgefunden, dass man wohl die ersten Jahre, die Gottesdienste auf einem Klavier begleiten müsste.

Da kam das Angebot der EKHN, eine Leihorgel für unbegrenzte Zeit, kostenlos zur Verfügung zu stellen, wie gerufen. Zwar war die Bosch-Orgel von 1959, die ursprünglich im Gemeindehaus der Frankfurter St. Katharinenkirche ihre Aufstellung hatte, mit fünf Registern, einem Manual und Pedal recht klein, aber immerhin, es war eine „echte“ Pfeifenorgel. Und so wurde der Kirchraum des Gemeindezentrums für viele eben auch durch diese Orgel ein Stück weit mehr zu einem „echten“ Kirchraum, schließlich ist eine Pfeifenorgel für die meisten Menschen nach wie vor ein wesentliches Kennzeichen eines "echten" Kirchraums.

Schon beim Einweihungsgottesdienstes des neuen Gemeindezentrums, am 15.05.2005 wurde das Instrument feierlich in Betrieb genommen und eingeweiht.

Das Angebot der EKHN war übrigens ausgesprochen großzügig, denn nicht nur die Miete für das Instrument war kostenlos, auch die Aufstellung und einige größere Reparaturen wurden von der EKHN übernommen.

Die Disposition der Bosch-Orgel

Manual, C – f‘‘‘

1. Gedackt 8‘
2. Prinzipal 4‘
3. Gemshorn 2‘
4. Mixtur 3 fach 1 1/3‘

Pedal, C – f‘
5. Subbass 16‘ Koppel I/Ped

Nachdem klar wurde, dass die Woehl-Orgel im Ev. Gemeindezentrum Frickhofen dauerhaft Aufstellung finden wird, fand man übrigens auch eine schöne neue Verwendung für die Bosch-Orgel. Sie bekam ihren neuen Standort in dem Versammlungsraum der Scheuern-Stiftung in Nassau, der für Gottesdientse genutzt wird und ersetzt dort ein elektronisches Instrument. Die Kosten für Abbau, Transport und Wiederaufbau übernahm wieder einmal großzügig die EKHN.

An der Orgel des Ev. Gemeindezentrums Frickhofen spielt überwiegend Organist Thomas Hannappel.

Martin Buschmann

Truhenorgel

Truhenorgel

Wenn die meisten Menschen an eine Orgel denken, dann denken sie an ein großes, in Kirchen festinstalliertes Musikinstrument, dass in einem Dom schon mal die Größe eines ganzen Hauses haben kann.

Auch in der Evangelischen Schlosskirche gibt es eine relativ große Orgel, die auf der zweiten Empore steht. Relativ groß, da die Schlosskirche als Ganzes doch eher klein ist. Zusätzlich zu dieser Hauptorgel gibt es hier aber noch eine Truhenorgel.

Truhenorgel des Ev. Dekanats Runkel

Sie befindet sich im Besitz des Ev. Dekanats Runkel.

Da die Dekanatskirchenmusikerstelle in der Ev. Kirchengemeinde Hadamar angesiedelt ist, hat dieses Instrument in der Ev. Schlosskirche Hadamar ihren Aufstellungsort erhalten. Allerdings wird sie oft dekanatsweit eingesetzt und darf selbstverständlich von anderen Gemeinden des Dekanats zum Musizieren ausgeliehen werden.

Zunächst wurde das Instrument im Jahre 2010 von der Orgelbaufirma Mebold in Siegen mit 4 Registern und 220 Pfeifen konzipiert. Später, im Jahre 2013, wurde es noch einmal um ein Regalregister erweitert, so dass die Orgel jetzt 5 Register und 275 Pfeifen besitzt.

Dabei hat sie folgende Maße:

Länge ca. 110 cm, Breite ca. 55 cm, Höhe, ca. 120 cm (zum Transport in 30 cm, + 72cm, + 20cm teilbar), Gewicht: ca. 100 kg

Sie kann als Continuo-, als Solo- und als Begleitinstrument ganzer Kirchengemeinden eingesetzt werden. Dekanatskantor Martin Buschmann ist, vor allem in den Jahren nach Ihrer Fertigstellung, kreuz und quer durch die Kirchengemeinden des Ev. Dekanats Runkel gezogen und hat auf dem Instrument ganze Orgelkonzerte gespielt. Das Motto lautete: „…eine Truhenorgel erkundet das Ev. Dekanat Runkel…“.

Wie eine Truhe

Das Besondere an dieser Orgel ist, dass sie, obwohl es sich um eine vollständige Pfeifenorgel handelt, rollfähig und transportierbar ist. Sie hat die Maße einer Truhe und steht einer solchen in Sachen Mobilität in nichts nach, daher auch der Name. Sie kann in drei große Einzelteile zerlegt werden und kann dann von zwei Trägern relativ gut über Treppen und unwegsames Gelände fortbewegt werden. Selbst in einem etwas größeren Kombi kann sie ohne größere Probleme verstaut werden, um sie zu verschiedenen Einsatzorten zu fahren. Möglich ist dies, da hier auf engstem Raum ein wahres Platzwunder geschaffen wurde.

Die Orgel besitzt eine geteilte Lade, so dass man im unteren und oberen Teil der Klaviatur unterschiedliche Registrierungen wählen kann. Der Tastenumfang reicht von C bis f‘‘‘ (entspricht 54 Tasten) und ist in 3 Stimmhöhen transponierbar (a‘: 415/440/462 Hz). Das Gehäuse ist aus Eichen- und Pflaumenholz, die Holzpfeifen sind aus dünnwandigem Nussbaum- und Ahornholz gebaut.  

Die Pfeifen des 2013 hinzugefügte Regalregisters sind ein Nachbau von Pfeifen aus einer im Luzerner Museum aufbewahrten Orgel aus dem Jahre 1644. Diese Orgel, die von dem im 17. Jahrhundert lebenden Orgelbauer Joh. Christoph Pfleger gebaut wurde, ist in Fachkreisen sehr berühmt (es wurden schon ganze Abhandlungen über sie verfasst). Interessant ist hierbei die Nähe zu dem Datum des Baubeginns der Ev. Schlosskirche (1629: Baubeginn der Schlosskirche; 1644: Bau des im Luzerner Museum aufbewahrten Regals von Joh. Christoph Pfleger).

Im Grunde kann man davon ausgehen, dass es sich bei diesem Regal um ein Musikinstrument handelt, welches von seinen klanglichen Eigenschaften ganz dem musikalischen Zeitgeschmack des Fürsten Johann Ludwig (der Erbauer des Hadamarer Schlosses) entsprach.  

Kosten: ca. 50.000€ (einschließlich der Erweiterung von 2013, Rollen und Transportdecke)

Am 28.11.2010 wurde die Truhenorgel offiziell, feierlich in einem Konzert im Ev. Gemeindezentrum in Frickhofen durch Dekan Manfred Pollex, eingeweiht.

Die Disposition der Truhenorgel

  • Gedackt 8‘

  • Flöte 4‘

  • Octave 2‘

  • Quinte   1 1/3‘ Bass - 2 2/3‘ Diskant

  • Regal 8‘

Cembalo

Ein Cembalo ist neben dem Spinett (die etwas kleinere Variante des Cembalos) sozusagen das Vorgängerinstrument des heutigen Klaviers. Während bei einem Klavier die Tasten durch kleine „Hämmerchen“ angeschlagen werden, werden bei einem Cembalo die Saiten durch sogenannte „Federkiele“ gezupft, oder gerissen. Dadurch ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Cembalo klanglich eher einer Gitarre oder Laute ähnelt. Für die historisch getreue Aufführung barocker Werke ist es unverzichtbar.  

Auf einem Cembalo kann der Spieler, wie auch bei der Orgel, die Lautstärke durch den Tastendruck nicht variieren. Deswegen wurde das Cembalo ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, durch die Erfindung des Hammerklaviers, auf welchem man eben dieses konnte, verdrängt (piano: leise; forte: laut; daher auch der Name Pianoforte oder kurz Piano).

Im Jahre 2009 erwarb die Evang. Kirchengemeinde Hadamar für 3.200 € ein Cembalo, welches von der im Bergischen Land ansässigen Firma Sassmann gebaut wurde und das sowohl äußerlich als auch klanglich ein wahres Schmuckstück, darstellt. Der Neupreis lag bei 10.751 €. Möglich gemacht wurde der Kauf des gebrauchten, aber sehr gepflegten Instruments, durch eine größere private Spende. Es ist ein Glücksfall, dass es optisch besonders gut in die Schlosskirche passt, als wäre es für sie gebaut worden, da das Gehäuse mit derselben grünen Holzlbeize bearbeitet ist, wie die Stühle der Schlosskirche. Das Instrument besitzt ein Manual mit zwei 8‘ Registern, die einen hohen Verschmelzungsgrad aufweisen und für einen der beiden 8' Register einen Lautenzug. Der Tastenumfang reicht von H1 - d'''. Die Untertasten bestehen aus Knochen, die Obertasten sind aus Ebenholz. Das Cembalo besitzt eine Transponiervorrichtung so dass der Kammerton a' entweder auf 440 Hz oder auf 415,3 Hz gestimmt ist. Die Länge beträgt 183 cm und die Breite 77 cm.

Es handelt sich um einen exakten Nachbau eines historischen flämischen Cembalos der Firma Andreas Rucker aus dem Jahre 1639. Die „Ruckers“, die ihre Werkstätte in Antwerpen hatten, gehörten zu den angesehensten Instrumentenbauerfamilien ganz Europas (neben Cembali bauten sie auch Orgeln). Wer es sich leisten konnte, und das waren in der Regel die Adligen und Fürsten, kaufte sich ein Instrument eben dieser Firma. Wenn man bedenkt, dass unsere Schlosskirche im Jahre 1629 von Fürst Johann Ludwig gebaut wurde, so haben wir es hier im Grunde mit einem Instrument zu tun, welches ziemlich exakt durch seine optische Gestaltung und der klanglichen Prägung der Erbauungszeit des Schlosses entspricht. Es ist eine interessante Vorstellung, dass ein Fürst wie Johann Ludwig, der als Diplomat von europäischem Rang auf seinen zahlreichen Reisen an den bedeutenden Höfen Europas sicher auch das eine oder andere Instrument der Firma Rucker kennengelernt hat, sich ein solches auch für seine wenige Jahre zuvor fertiggestellte Schlossanlage in Hadamar angeschafft haben könnte (davon ist allerdings nichts bekannt).

Seit dem 13.9.2009, als es bei einem Konzert des Mittelhessischen Kammermusikensembles in der Ev. Schlosskirche, offiziell eingeweiht wurde, hat es zahlreiche Einsätze erfahren.

Martin Buschmann