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Die ökumenische Bewegung

Ein kurzer Überblick von Thomas Uecker

Die Ökumenische Bewegung (von Ökumene, griech. oikoumene, „Erdkreis, die ganze bewohnte Erde“) ist eine Bewegung von Christinnen und Christen, die eine weltweite Einigung und Zusammenarbeit der verschiedenen christlichen Kirchen anstrebt.

Die Bewegung begann zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Sie fand ihre institutionelle Gestalt vor allem im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) sowie den lokalen Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen (ACK).

Anfänge der modernen ökumenischen Bewegung

Als Beginn der modernen ökumenischen Bewegung wird die Weltmissionskonferenz in Edinburgh im Jahre 1910 angesehen. Drei Grundziele waren bestimmend:
• Gemeinsames Handeln in der Mission
• Einheit in der Verkündigung von Jesus Christus
• Gemeinsamer Dienst an der Welt

1937 beschloss eine Reihe führender kirchlicher Persönlichkeiten, einen Ökumenischen Rat der Kirchen zu gründen. Die Umsetzung dieses Beschlusses wurde jedoch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zunächst verhindert. Im August 1948 kamen schließlich Vertreter von 147 Kirchen in Amsterdam zusammen, um den ÖRK offiziell zu gründen.
Seither haben sich immer mehr Kirchen auf allen Kontinenten dieser Suche nach der Einheit der Christen angeschlossen. Sie haben neue Brücken über alte Gräben gebaut, die Gläubige voneinander trennten.

Die ökumenische Bewegung und ihre Institutionen heute

Die ökumenische Bewegung hat vieles selbstverständlich werden lassen, was um die Mitte des 20. Jahrhunderts undenkbar war. Dazu gehören konfessionsübergreifende Gottesdienste, Bibel-, Gebets- und Gesprächskreise, Begegnungen und Gemeindefeste, auf Kirchenleitungsebene theologische Konsultationen, gemeinsame Erklärungen zu gesellschaftlichen Themen und gemeinsames diakonisches Handeln.
Die Bewegung wird heute u. a. durch den Ökumenischen Rat der Kirchen vertreten, dem die katholische Kirche aufgrund ihres Selbstverständnisses nur als Gast angehört. Der Rat wurde 1948 gegründet; ihm gehören derzeit 349 Kirchen aus mehr als 120 Ländern an.

Es gibt aber auch einige weitere ökumenische Bemühungen, die ebenfalls zu einer Institution gefunden haben. So ist etwa die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) ein Zusammenschluss von 105 Kirchen auf der Grundlage der Leuenberger Konkordie mit gegenseitiger Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Grundlage der Konkordie ist die Einsicht, dass Bekenntnisverschiedenheit nicht notwendigerweise eine Kirchentrennung bedeuten muss.

Daneben wird die ökumenische Bewegung auch von zahlreichen Basisinitiativen getragen. Die weltweit größte ökumenische Basisbewegung von Frauen ist beispielsweise der Weltgebetstag der Frauen.

Die ökumenische Bewegung fördert Zusammenarbeit und Miteinanderteilen sowie gemeinsames Zeugnis und Handeln der Kirchen. Sie will die Kirchen durch Aktivitäten und Netzwerke von Geistlichen und Laien und insbesondere Frauen und jungen Menschen erneuern. Sichtbare Einheit strebt sie nicht als Selbstzweck an, sondern weil sie glaubwürdig Zeugnis ablegen will.

Das Ziel der Bewegung

Ziel ist es nicht, eine weltweite "Über-Kirche" zu gründen oder die Gottesdienstsformen zu standardisieren, sondern vielmehr die Gemeinschaft zwischen christlichen Kirchen und Gemeinschaften zu vertiefen, damit sie einander als authentische Ausdrucksformen der "einen Kirche" erkennen können. Dadurch werden die Grundlagen dafür geschaffen, dass die Kirchen gemeinsam den apostolischen Glauben bekennen können, dass sie in der Mission und in humanitären Hilfsprogrammen zusammenarbeiten und, wenn möglich, die Sakramente miteinander teilen. All diese gemeinsamen Aktivitäten legen Zeugnis ab von der Erklärung, die die Kirchen bei der Gründung des ÖRK abgegeben haben, dass Jesus Christus "gemäß der Heiligen Schrift Gott und Heiland" ist.

Was hat die ökumenische Bewegung bisher erreicht?

• Mit Kirchenräten und anderen ökumenischen Einrichtungen in verschiedenen Ländern und Regionen ist ein wahrhaft weltumspannendes ökumenisches Netzwerk entstanden. In diesem Netzwerk findet ein höchst lebendiger und vielfältiger Austausch von theologischen, liturgischen, geistlichen, materiellen und personellen Ressourcen statt.
• Die römisch-katholische Kirche ist Vollmitglied vieler nationaler und mehrerer regionaler ökumenischer Organisationen und unterhält reguläre Arbeitsbeziehungen zum ÖRK.
• Gemeinsame Überzeugungen in Fragen des Glaubens, Lebens und Zeugnisses bereichern in zunehmendem Maße theologische Reflexionen, die zunächst eine strikt konfessionelle Ausrichtung hatten. So haben etwa Theologen und Theologinnen verschiedener kirchlicher Traditionen in der ÖRK-Kommission für Glauben und Kirchenverfassung eine Erklärung zu Taufe, Eucharistie und Amt ausgearbeitet, die zu neuen Gottesdienstmustern in den Kirchen und zu größerem gegenseitigen Verständnis und veränderten Beziehungen zwischen Kirchen verschiedener konfessioneller Traditionen geführt hat.
• Seit seiner Gründung hat der ÖRK die Kirchen in ihrem Engagement für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung bestärkt und inspiriert. Ein Beispiel hierfür ist die weithin anerkannte Unterstützung, die die Kirchen durch das ÖRK-Programm zur Bekämpfung des Rassismus für den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika geleistet haben.
Auch die Unterstützung der Bemühungen um eine Beendigung des seit zwei Jahrzehnten anhaltenden Konflikts im Sudan, um die Wiedervereinigung Nord- und Südkoreas und um den Schutz der Menschenrechte in Lateinamerika während der Jahrzehnte brutaler Militärdiktaturen in dieser Region sind weitere Beispiele.
• Die Anerkennung der Bedeutung interreligiöser Dialoge und Beziehungen zu anderen Religionen sowie der Verantwortung der Kirche für die Bewahrung der Schöpfung sind herausragende Leistungen der ökumenischen Bewegung.

Heute verändert sich die ökumenische Bewegung. Neue Formen ökumenischen Engagements entstehen; junge Menschen entwickeln ihre eigenen Ausdrucksformen für Ökumene und Kirche.

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