Unsere Orgeln
Die Woehl-Orgel im Evangelischen Gemeindezentrum in Frickhofen und ihr Vorgängerinstrument, die Bosch-Orgel
Die Woehl-Orgel im Evangelischen Gemeindezentrum in Frickhofen ist wesentlich älter als das Gemeindezentrum selber. Während die Orgel bereits 1977 gebaut wurde, wurde das Gebäude des Gemeindezentrums erst 2005 eingeweiht, also 28 Jahre später.
Wie kann das sein?
Das hängt damit zusammen, dass das Musikinstrument ursprünglich einen ganz anderen Standort hatte. Sie wurde im Jahre 1977 von der Marburger Orgelbaufirma Woehl für das Evangelische Gemeindezentrum Süd der Dreikönigsgemeinde Frankfurt in der Tucholskystraße gebaut.
Sie stellt ein frühes Instrument der bis heute hochgeschätzten Firma Woehl dar, die heute zwar Orgeln von gänzlich anderem Typus baut, aber damals schon mit diesem Instrument richtungsweisende Wege beschritt. Denn mit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts endete eine doch eher trostlose Epoche des Nachkriegsorgelbaus, in der lange Zeit Masse vor Qualität zählte, die heute gerne als Neobarocke Phase beschrieben wird, weil man sich an einem vermeintlich barocken Klangbild orientieren wollte, das es so nie gegeben hat.
Gerald Woehl
Gerald Woehl konzipierte die rein mechanische Orgel zwar auch sehr barock, die Materialen sind aber durchweg hochwertig: massives Eichenholz für Windladen und Gehäuse. Hochwertige Zinnlegierungen wurden so dünn verarbeitet, dass es bei einigen Pfeifen über die Jahre Probleme mit der Standfestigkeit gab. Man wollte damit aber einen strahlenden Klang erzeugen. Die Manualtasten sind aus Buchsbaum-, die Obertasten und Registerzüge aus Ebenholz. Der Intonation wurde sehr große Aufmerksamkeit geschenkt. Ursprünglich besaß die Orgel einen Prospekt der sich ganz an den Fußzahlen der Orgelpfeifen orientierte. So besaß das obere Gehäuseteil exakt eine Höhe von 8‘. Die Breite des Gehäuses hatte wiederum das bekannte 2 2/3‘ Maß. An den historischen Orgelbau angelehnt besaß die Orgel ursprünglich Flügeltüren, die auch verschlossen werden konnten. Der Winddruck war mit 60 mm WS eher niedrig, was dazu führt, dass die Orgel klanglich im Gegensatz zu den zahlreichen „Neobarocken Orgeln“ der 50er bis 70er Jahre wieder atmet. Ca. 850 Pfeifen wurden in dem Orgelgehäuse angeordnet, die sich auf 12 Register verteilen: 7 Register im ersten, 3 im zweiten Manual und 2 Register im Pedal.
Als seinerzeit die Orgel in Frankfurt in Betrieb genommen wurde, wurde sie von der Fachwelt wohlwollend wahrgenommen, Kosten: 83.500 DM.
Die Woehl-Orgel kommt nach Frickhofen
Das Gemeindezentrum der Dreikönigsgemeinde in Frankfurt bekam 2013 einen neuen Verwendungszweck, weswegen die Orgel dort nicht mehr benötigt wurde. Schon seit einigen Jahren wurden in dem Gebäude nur noch selten Gottesdienste abgehalten und dementsprechend hatte die Orgel auch selten die Gelegenheit, ihren prächtigen Klang zu entfalten. Für eine Orgel kein guter Zustand, denn im Grunde ist eine Orgel wie eine große Maschine: wird sie zu wenig bewegt, dann funktioniert sie irgendwann auch nicht mehr einwandfrei. Wir alle kennen den Spruch "wer rastet, der rostet", der sich auch auf Orgeln übertragen lässt.
Für die Hadamarer Kirchengemeinde ergab sich so aber die einmalige Chance für einen relativ niedrigen Preis an eine hervorragende Orgel zu kommen, die man sich als Neubau nicht hätte leisten können. Allerdings mussten damals unglaublich viele Entscheidungen in sehr kurzer Zeit getroffen werden, denn der Umbau des Frankfurter Gemeindezentrums war schon terminiert, als man in der Ev. Kirchengmeiende Hadamar noch gar nichts von der Existenz der Woehl-Orgel wusste. Gut, dass man über die Jahre schon Geld angespart hatte.
Für Kauf, Abbau, Transport und Aufbau, notwendige Reparaturen und Umarbeitungen des Gehäuses zusammengenommen musste die Ev. Kirchengemeinde Hadamar 50.000€ aufwenden. Diese Maßnahmen wurden übrigens von der in Lich ansässigen Orgelbaufirma Förster & Nicolaus durchgeführt. Vom 04. - 07. Juni 2013 wurde die Orgel in Frankfurt abgebaut. Da Förster & Nicolaus erst ab Oktober Zeit zum Aufbau in Frickhofen hatte, musste die Orgel im Gemeindezentrum zwischengelagert werden. Im Konfirmandenraum, auf der Empore, auch im Foyer stapelten sich damals die Pfeifen und Orgelbauteile. Die Sorge, dass etwas verloren gehen könnte, war groß.
Sie sieht jetzt ein wenig anders aus
Leider war in dem Evangelischen Gemeindezentrum in Frickhofen ein Aufstellen der Orgel nur durch Anpassungen des Äußeren möglich. Die Höhe der Empore war um ca. 30 cm zu niedrig. So musste auf die Flügeltüren verzichtet werden und auch das Gehäuse wurde verkürzt und schräg an die Giebel des Raumes angeglichen. Das Ergebnis kann sich aber sehen lassen. Man kann wohl ohne Übertreibung behaupten, dass, wer es nicht besser weiß, niemals auf die Idee kommen würde, dass die Orgel nicht genau für diesen Raum gebaut wurde, bzw. dass die Orgel jemals anders ausgesehen hat. Betreut und für gut geheißen wurde das gesamte Projekt übrigens von dem Orgelsachverständigen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Thomas Wilhelm.
Am 1. Advent, dem 01.12.2013, wurde die Orgel in einem Festgottesdienst mit anschließendem Empfang feierlich und offiziell in Betrieb genommen und bereichert seitdem in Gottesdiensten und Konzerten das Gemeindeleben im Ev. Gemeindezentrum Frickhofen.
Die Dispostion:
I. Manual, C – g´´´
1. Prinzipal 8´
2. Cornett 4 fach
3. Praestant 4´
4. Bourdon 8´ Deckel
5. Oktave 2´
6. Nasat 2 2/3´
7. Mixtur 3 fach
II. Manual, C – g´´´
8. Gedeckt 8´
9. Flöte 4´
10. Flageolet 2´
Tremulant
Pedal, C – f´
11. Subass 16´
12. Trompete 8´
Koppeln:
II / Ped., I / Ped.
Die Woehl-Orgel ist nicht die erste Orgel im Ev. Gemeindezentrum in Frickhofen:
Es gab ein Übergangsinstrument. Während im Jahre 2005 das neue Gemeindezentrum in Frickhofen noch gebaut wurde und kurz vor der Vollendung stand, war lange nicht klar, wo denn nun eine Orgel herkommen sollte, da doch ohnehin schon so viel Geld verbaut worden war. Man hatte sich quasi schon mit dem Gedanken abgefunden, dass man wohl die ersten Jahre, die Gottesdienste auf einem Klavier begleiten müsste.
Da kam das Angebot der EKHN, eine Leihorgel für unbegrenzte Zeit, kostenlos zur Verfügung zu stellen, wie gerufen. Zwar war die Bosch-Orgel von 1959, die ursprünglich im Gemeindehaus der Frankfurter St. Katharinenkirche ihre Aufstellung hatte, mit fünf Registern, einem Manual und Pedal recht klein, aber immerhin, es war eine „echte“ Pfeifenorgel. Und so wurde der Kirchraum des Gemeindezentrums für viele eben auch durch diese Orgel ein Stück weit mehr zu einem „echten“ Kirchraum, schließlich ist eine Pfeifenorgel für die meisten Menschen nach wie vor ein wesentliches Kennzeichen eines "echten" Kirchraums.
Schon beim Einweihungsgottesdienstes des neuen Gemeindezentrums, am 15.05.2005 wurde das Instrument feierlich in Betrieb genommen und eingeweiht.
Das Angebot der EKHN war übrigens ausgesprochen großzügig, denn nicht nur die Miete für das Instrument war kostenlos, auch die Aufstellung und einige größere Reparaturen wurden von der EKHN übernommen.
Die Disposition der Bosch-Orgel
Manual, C – f‘‘‘
- Gedackt 8‘
- Prinzipal 4‘
- Gemshorn 2‘
- Mixtur 3 fach 1 1/3‘
Pedal, C – f‘
5. Subbass 16‘ Koppel I/Ped
Nachdem klar wurde, dass die Woehl-Orgel im Ev. Gemeindezentrum Frickhofen dauerhaft Aufstellung finden wird, fand man übrigens auch eine schöne neue Verwendung für die Bosch-Orgel. Sie bekam ihren neuen Standort in dem Versammlungsraum der Scheuern-Stiftung in Nassau, der für Gottesdientse genutzt wird und ersetzt dort ein elektronisches Instrument. Die Kosten für Abbau, Transport und Wiederaufbau übernahm wieder einmal großzügig die EKHN.
An der Orgel des Ev. Gemeindezentrums Frickhofen spielt überwiegend Organist Thomas Hannappel.
Martin Buschmann
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